Scala und die neue Welle auf Französisch

Die Cover-Version ist zu einem festen Bestandteil der heutigen Popular-Musik geworden. „Damals“ wurde als Hommage gecovert. Titel von geliebten Künstlern wurden liebevoll intoniert. Gut, Ausnahmen gab es immer, z. B. Paul Youngs „Love will tear us apart„, aber daran erinnern sich wohl nur diejenigen, die bereits damals Groll hegten. Heute können Eltern ihre Kinder damit verblüffen, dass sie den neuesten Hit schon seit Jahren im Schrank stehen haben, idealerweise auf Vinyl.


In den Jahrescharts 2004 werden sich diverse Neuinterpretationen alter Hits wiederfinden, wie „Break my stride“ von Blue Lagoon, das Original von Matthew Wilder habe ich tatsächlich einmal auf Vinyl besessen. Oder „Tears in Heaven“, eine Ballade, mit der die Loona-Sängerin private Schicksalsschläge verarbeitet. Bitte? Wie war das? Das Lied schrieb niemand anders als Mr. Slowhand Eric Clapton nach dem tragischen Unfalltod seines kleinen Sohnes. Aha, Clapton persönlich gab ihr die Erlaubnis, dann ist es ja gut. Was haben wir noch? „Celebrate Youth“ von den H-Blockx – covermäßige Serientäter, und das Lied zum Klingelton: „Call on me“ von Eric Prydz.

Und, und, und…

Zwischen einem Stück von Franz Schubert und einem U2-Song gibt es keinen großen Unterschied, wenn man ihn auf dem Klavier spielt. (Steven & Stijn Kolacny)

Wie schön, dass es die Kolacny-Brüder aus Belgien gibt, zwei ausgebildete Konzertpianisten Anfang 30, die 1996 einen Mädchenchor gründeten, Scala. 2001 brachten sie die CD „On The Rocks“ (P.I.a.S./Rough Trade) heraus, u. a. mit Liedern von Nirvana („Smells like teen spirit“), Kylie Minogue („Can’t get you out of my head“) und The Police („Every breath you take“). Wer wie ich schon eine Gänsehaut bekommt, wenn Martin L. Gore mit seinem dünnen Stimmchen „I want somebody to share, share the rest of my life…“ anstimmt, der stelle sich bitte jetzt mal dieses Stück gesungen von einem 60-köpfigen Mädchenchor vor. Heavenly voices!

In diesem Jahr erschien ihre CD „Dream On“ (P.I.a.S./Rough Trade), benannt nach dem Lied von Depeche Mode, das auch als Opener dient, als „Special Edition“ u. a. mit den deutschen Hits „Schrei nach Liebe“ (Die Ärzte), „Engel“ (Rammstein) und „Kein zurück“ (Wolfsheim) auf einer Bonus-CD. Auf der regulären CD finden sich weitere Hits wie „With or without you“ (natürlich U2), „Under the bridge“ (Red Hot Chilli Peppers) oder „I touch myself“ (The Divinyls), alle wunderschön arrangiert und vorgetragen. So machen Cover-Versionen wieder Spaß!

Als würden die Cardigans Black Sabbath covern…

beschreibt Laut.de ein weiteres Projekt, dass sich dem Nachspielen verschrieben hat. Es heißt „Nouvelle Vague“ (Peacefrog/Rough Trade), was französich ist und „Neue Welle“ bedeutet und widmet sich einigen Klassikern des New Wave (das ist englisch und heißt „Nouvelle Vague“, was französich ist und „Neue Welle“ bedeutet), als da wären „Love will tear us apart“ von Joy Division, „Just can’t get enough“ von Depeche Mode, „A forest“ von The Cure oder „Marian“ von The Sisters of Mercy. Et voilà! Nach der Bearbeitung können wir die alten, angestaubten und düsteren Hymnen unserer Jugend bei einer Grill-, Cocktail- oder Strand-Party in einer lauen Sommernacht spielen, denn sie wurden in ein luftiges Jazz-Pop-Kleid gesteckt, ein Hauch von „Easy Listening“. Zusätzlichen Charme versprüht der französische Akzent der jungen Sängerinnen, die im Übrigen die Originale vor der Aufnahme nicht gekannt haben sollen. Eine Befürchtung kann ich aber ausräumen, fröhlicher sind „In a manner of speaking“ (Tuxedomoon) oder „Guns of Brixton“ (The Clash) auch nach der Neuvertonung nicht, eher vielleicht wie Nick Cave oder Tom Waits vor dem Stimmbruch. In jedem Fall auch ein Hörerlebnis. Zum Abschluß noch ein Zitat von Laut.de, welches zeigen soll, dass es sich bei „Nouvelle Vague“ nicht um eine ausschließliche Party-Scheibe handelt:

…im internen Sisters-/Cure-Wettstreit um die lebensverneinendere Umsetzung tappert eindeutig das Xylophon lastige „A Forest“ als Sieger aus dem Wald.

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