Noch 11 Tage bis zu dem Tag, an dem (vielleicht) Geschichte geschrieben wird. Wie andere Parteien auch, wird die Piratenpartei Wahlpartys veranstalten, in Schleswig-Holstein wird sie Kiel stattfinden.
Dabei wird bestimmt auch Musik „vom Plattenteller“ gespielt und damit es nicht wieder zu Zahlungen an die GEMA kommt, wie jüngst bei der „Freiheit statt Angst“-Demo, möchte ich auf Musik hinweisen, die einen Piraten-Bezug hat und unter der Creative Commons lizensiert ist. (Ungefähr in der Reihenfolge ihres Erscheinens.)
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Ich hatte schon im Beitrag über Botany Bay geschrieben, dass wir Piraten den Musikern, die uns unterstützen, diese Unterstützung auch zurückgeben müssen (sollten), und wenn es nur dadurch ist, dass wir sie bekannter machen.
Also, liebe Wahlparty-DJs, bevor wieder Geld an Christian Bruhn und Kollegen überwiesen wird, unterstützt lieber die CC-Künstler. (To do: Klären, ob eine Wahlparty unter kommerzielle Nutzung im Sinne der Creative Commons fällt.)
Hier ist noch ein schöner Song von „Long John Silver & Jack Sparrow“, leider habe ich kein einbindbares MP3-File gefunden, daher als Video:
Gestern sind mir beim Aufhängen der Piratenpartei–Plakate in Schleswig die beiden Aussagen der Linken „Reichtum besteuern!“ und „Reichtum für alle.“ in unmittelbarer Nähe begegnet (Klick für größere Version):
Die linke Seite der Stellwand ist übrigens für die Bundestagswahl gedacht, dort soll also Reichtum besteuert werden, während auf der rechten Seite für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein Reichtum für alle avisiert wird. Paßt doch. 😉
Ein Punkt, bei dem man als Pirat neidvoll auf die großen Parteien schaun muß, ist die höhere Zahl an Wahlkampfhelfern. Das mußte ich letzte Woche wieder feststellen, als ich Personal für „meinen“ Infostand in Schleswig gesucht hatte. Ich mußte mein Vorhaben daher aufgeben und tat mich mit dem Eckernförder Direktkandidaten Sven Kietzke zusammen, damit wenigstens dort ein Stand mit 3 Mann Besatzung zustande kam, neben Sven und mir war noch Bastian dabei.
In Eckernförde findet jährlich das Piratenspektakel statt, unser Name ist dort also eher positiv besetzt, wenn auch in Richtung „Spaßpartei“ gehend. Trotzdem entwickelten sich am Samstag einige sehr interessante Gespräche.
Ein Paar schätzungsweise in meinem Alter, also 40 plus X, das zu Stundentenzeiten politisch aktiv gewesen war, stellte in unserer langen Diskussion immer mehr fest, dass die Zeit wieder reif dafür ist, für seine Grundrechte zu kämpfen. Ich würde mich nicht wundern, sogar sehr freuen, wenn die beiden den Weg zu uns finden würden.
Ein anderer, ebenfalls in Piratenthemen sehr gut informierten Herr um die 60 fragte uns, ob wir nicht in einer großen Partei besser aufgehoben wären, um unsere Ziele zu verwirklichen, als in einer kleinen Splitterpartei. Das konnten wir damit beantworten, dass beispielsweise die Diskussion um das Zugangserschwerungsgesetz beim Bundesparteitag der SPD als „medial unerwünscht“ abgeblockt wurde. Da sind wir, die wir diese Diskussion auch auf der Straße führen können, doch wesentlich weiter als die sog. „Piraten“ in anderen Parteien.
Apropos „andere Parteien“, die waren natürlich auch vor Ort vertreten. Direkt gegenüber baute die SPD ihren Pavillon mit Bierzeltgarnitur und Popcornmaschine auf. Deren Direktkandidaten zur Bundes- und Landtagswahl, Sönke Rix und Martin Klimach-Dreger, kamen sogar artig für einen kleinen Smalltalk zu uns an den Stand. Außerdem bekamen wir Besuch von den Grünen und der Linken, schwarz/gelb und der SSW ließen sich nicht blicken oder gaben sich nicht zu erkennen.
Mein Fazit des ersten Auftritts der Piratenpartei in der Ladenstraße zu Eckernförde ist fällt genau so positiv aus wie das von Sven, es hat trotz des wechselhaften Wetters mit Regenschauern und Böen, die dem Pavillon zur Flucht verhelfen wollten, Spaß gemacht.
Vor dem Wahltag am 27.09.2009 sind in Schleswig noch 2 Infostände geplant, am 19.09. und am 26.09.2009, jeweils von 9 bis ca. 13 Uhr vor dem mittlerweile geschlossenen Hertie-Kaufhaus. Vorher soll die Stadt noch mit Piratenplakaten verschönert werden.
Wichtig ist, dass wir Piraten zur Bundestagswahl 2009 klarmachen können, dass unsere Forderungen nicht nur auf das Internet beschränkt sind, sondern dass Themen wie Vorratsdatenspeicherung, Schutz von Kundendaten und Transparenz des Staates alle Bürger betreffen. Klarmachen zum Ändern!
Ein bißchen spät verarbeite ich meine Gedanken zur Europawahl zu einem Blogeintrag. An der Spitze sieht es aus wie immer in letzter Zeit, die CDU/CSU hat am wenigsten Stimmanteile verloren und sieht sich daher als Sieger. Der Misthaufen, auf dem die meisten Fliegen landen, hat nun mal gewonnen, zumal der Haufen von Frau Merkel auch original italienische Faschisten-Scheiße beinhaltet, Berlusconi sei Dank.
Die SPD hat wieder mal richtig verloren, obwohl das neue Zugpferd Frank-Walter Steinmeier blühende Landschaften einen nach oben gehenden roten Balken versprochen hatte. Aber die Schuldfrage, warum der schwarze Balken dann doch länger war als der rote, war schnell geklärt: Der Nichtwähler ist Schuld. Also, nicht der Nicht-SPD-Wähler, sondern der Überhaupt-Nichtwähler. Diese stellt mit 56,7% in Deutschland nämlich die stärkste Fraktion, europaweit mit 56,5% nur unwesentlich weniger. Vielleicht sollte man zur Verbildlichung der Nichtwählerproblematik eine Nichtwählerliste aufstellen, mit Dschungelcamp-B-, -C- und -D-Promis und je nachdem, wie hoch der Anteil der Nichtwähler ist, zieht die entsprechende Anzahl „Kandidaten“ über diese Liste in die Parlamente ein. Dann wäre vielleicht Werner Böhm bald Bundeskanzler, Desiree Nick Außenministerin und Daniel Küblböck Familienminister. Schlechter könnten die das auch nicht machen und wenn doch, wird die Wahlbeteiligung bei der darauffolgenden Wahl hoffentlich höher sein.
Meine Stadt Schleswig war übrigens besonders wahlmüde, nicht einmal 31% machten von ihrem Grundrecht Gebrauch und auch hier lag die CDU vorn. Doch immerhin gab es 47 Stimmen für die Piratenpartei, das ist mit 0,8% nur knapp weniger als der Bundesdurchschnitt (0,9%). Damit liegen die Piraten auf Rang 8 der Wählergunst, von 31 Parteien. Bei den „Sonstigen“ wurden sie nur von der Tierschutzpartei (1,1%) und den Rentnern (1,0%) geschlagen.
Die Piratenpartei hat also ihr Ziel – die 5%-Marke war nie ein Thema – erreicht, mehr als 0,5% Stimmen zu bekommen. Das bedeutet nämlich, dass die Partei Geld vom Staat bekommt. Damit ist die „Kriegskasse“, um mal einen martialischen Begriff zu verwenden, der Piraten prall gefüllt für den Bundestagswahlkampf. Wahlkampf – wieder ein martialischer Begriff, womit wir beim nächsten Thema sind.
Politische Gegner (sind nicht die Christen auch nur eine organisierte Verbrecherbande?) und Freunde reiben sich an dem Namen der Piratenpartei. Die Süddeutsche Zeitung hat dazu – bezeichnenderweise in der Rubrik „Kultur“ – einen Artikel veröffentlicht, der die Kritik auf die Mastspitze treibt:
Die Symbolfigur dieser Partei ist der Pirat, ihr Banner zeigt das schwarze Segel. Tatsächlich verbindet diese Partei mehr mit der Piraterie, als ihr selbst lieb sein mag. Nicht nur dass ihr Bewusstsein fehlt, etwas Verbotenes zu schützen und zu befördern. Mehr noch, sie inszeniert den Aufstand der Besitzlosen gegen Reichtum und Macht. Das Internet ist ihre karibische See. Darauf kreuzen die mit teurer Fracht beladenen Lastschiffe, die der spanischen Krone gehören – aber der Pirat, ein notorischer Verlierer, der sich in einen Gewinner zu verwandeln trachtet, erkennt die herrschenden Eigentumsverhältnisse nicht an. Er will sie, in einzelnen Portionen wenigstens, zu seinen Gunsten verändern.
Immer wieder wird auch das Seemannsgarn verbreitet, die Piratenpartei sei „eine Partei von jungen Leuten, die zwar keine Seeräuber sind, sich aber für das freie Herunterladen von Film und Musik im Internet einsetzen. Online-Piraterie eben.“ (Bild) und „Im Grunde wollen sie im Internet möglichst viel Zeug kostenlos herunterladen und ungestraft Killerspiele spielen.“ (Stuttgarter Zeitung via Aphex3k) Man hat also einerseits Probleme mit der Namensgebung der Partei und hat andererseits deren Ziele in keinster Weise verstanden bzw. gibt sie verfremdet wieder, denn von Qualitätsjournalisten darf doch erwartet werden, dass sie sich mit den Themen, über die sie schreiben, auch befassen. Umso trauriger, dass das nicht mal die Godmother of Qualitätsjournalismus, die Deutsche Presseagentur (dpa), tut.
In der digitalen Welt wird die Piratenpartei durch diese Berichterstattungen sicher noch mehr Zulauf erhalten, ich war so schon sehr überrascht, wer sich beispielsweise in meiner Twitter-Timeline alles zur Piratenpartei bekannte. Meine Twitter-Homies in Flensburg und Kiel schafften 2,1% bzw. 2,0% Stimmen für die Piraten (2010 ist Landtagswahl in Schleswig-Holstein!). Die Herausforderung zur Bundestagswahl – BTW bitte unterstützt die Piratenpartei mit eurer Unterschrift, damit sie zur Bundestagswahl 2009 antreten kann (ihr müßt sie ja nicht wählen, sondern ihr nur die Möglichkeit geben, gewählt zu werden) – ist, das Parteiprogramm in die analoge Welt zu transportieren, gerade die Punkte Schutz der Privatsphäre und Datenschutz sollten angesichts der immer wieder auftretenden Datenaffären auf offene Ohren treffen. Sehr gut machte das Jens Seipenbusch schon im September 2007 beim Elektrischen Reporter:
Es gibt also genug Punkte im Programm, die über „möglichst viel Zeug kostenlos herunterladen“ hinausgehen, das müssen dann nur die Medien auch transportieren.
Ach so, ich möchte natürlich nicht verschweigen, dass es ein Pirat geschafft hat, im Europaparlament festzumachen, denn in Schweden, dem Mutterland der Piratenbewegung, wurde die Piratenpartei mit 7,1% drittstärkste Kraft. Das bedeutet einen Sitz in Brüssel, den Christian Engström besetzen wird.