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Auf Wiedersehen, Vorratsdatenspeicherung

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War der 02.03.2010 nun ein großer Tag für die Bürgerrechte oder nicht? Nach dem ersten Jubel über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über „meineVerfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung (VDS), konnte man auch leisere, kritischere Töne, wie von Thomas Stadler hören, denn das BVerfG hat „nur“ die vorliegende Form der Gesetzgebung für nichtig erklärt, jedoch nicht, dass von deutschem Boden nie wieder eine Vorratsdatenspeicherung ausgehen dürfe.

Der Bundesinnenminister möchte nun auch ganz schnell ein neues Gesetz ausarbeiten, denn die Polizei warnt schon vor Sicherheitslücken, doch die Justizministerin – selbst Beschwerdeführerin gegen die VDS – sieht keinen Grund zur Eile. Die Internetwirtschaft hält die Vorgaben gar für nicht umsetzbar. Jede Lobbygruppe hat eben ihre eigene Sichtweise.

Am Treffendsten hat es wohl die Süddeutsche zusammengefaßt (Zitat via Burks‘ Blog):

„Der Jubel der Beschwerdeführer ist berechtigt, muss aber doch im Hinblick auf die mittel- und langfristigen Folgen im Hals stecken bleiben. Die Beschwerdeführer haben gewonnen, aber nicht gesiegt: Zum ersten Mal wird vom Karlsruher Gericht die Speicherung von Daten auf Vorrat zu noch unbestimmten Zwecken für zulässig erklärt, ohne dass es einen konkreten Anlass oder gar einen Verdacht geben muss. (…) Die Richter riskieren den Konflikt mit der EU und dem Europäischen Gerichtshof nicht. Sie warnen und drohen: Bis hierher und nicht weiter. Das reicht nicht mehr.“

Insofern muß es nicht „Tschüß, Vorratsdatenspeicherung“ heißen, sondern „Auf Wiedersehen…“. Wir werden dich auch gebührend in Empfang nehmen. 😉

Ilija Trojanow empfiehlt die Piratenpartei

Die männliche Hälfte des Autoren-Duos Juli Zeh und Ilija Trojanow („Angriff auf die Freiheit„) empfiehlt im Gegensatz zu seiner Kollegin, die noch immer an der SPD hängt, ausdrücklich, die Piratenpartei zu wählen. Und dass ausgerechnet in einem Kommentar in der taz, die zuletzt nicht gerade positiv über die Piraten berichtete. Dabei wendet er sich besonders an die Nichtwähler, denen er rät:

Such dir das Thema aus, das dich momentan am meisten berührt, bedroht, belastet. Und überleg dir, welche Partei diesem Thema am ehesten gerecht wird. […] für mich sind es die individuellen Freiheiten, die bei uns seit mehr als einem Jahrzehnt systematisch untergraben werden, der Datenschutz und die Verteidigung der Privatsphäre. Welche Partei also wird (bei allen Unwägbarkeiten) die Bürgerrechte am ehesten schützen?

[…]

Da bleibt nur, der aufmerksame Leser hat es bestimmt schon erraten, die Piratenpartei. Ihr Eintreten für die Bürgerrechte und die Freiheit im Netz ist (momentan noch) über jeden Zweifel erhaben; ebenso ihre Bereitschaft, den Datenschutz umfassend auszubauen. Zudem würde mit dieser Partei etwas virtueller Sachverstand in einen Bundestag ziehen, in dem manche sich „das Internet ausdrucken“ lassen, während andere die E-Mail als Beispiel für modernste Informationstechnologie herausstellen. Und vor allem würde ein wenig frischer, hier und da vielleicht sogar anarchistischer Wind durch die verspiegelten Hallen der Macht pfeifen – und auch das täte not.

Klarmachen zum Ändern!

SPD-Fan Juli Zeh ist „saufroh“ über die Piratenpartei

Bekanntlich lese ich gerade das Buch „Angriff auf die Freiheit“ von Ilija Trojanow und Juli Zeh. Trotz ihres Kampfes gegen den Überwachungsstaat ist Juli Zeh bekennende SPD-Wählerin. In einem ZDF-Chat zur Sendung „Illner Intensiv“ vom 11.08.2009 bezeichnete sie diesen Umstand als ihren „wunden Punkt“ und die Sozialdemokraten als das „kleinste Übel“. Sie wurde auch direkt auf die Piratenpartei angesprochen:

Berti49 (Gast): Was halten Sie eigentlich von der Piratenpartei und empfinden Sie sie als „Bedrohung“ für die SPD?

Juli Zeh: Ich bin saufroh, dass es die Piraten gibt. Wenn das eine Bedrohung ist, dann ist die SPD selber schuld, weil sie das Thema Datenschutz nichzt ernstnimmt. Ich wünsche den Piraten, dass sie bald eine ähnliche Entwicklung durchlaufen wie damals die Grünen.

Die Innenpolitik unter Otto Schily könne sie natürlich nicht unterstützen, sie wäre selbst gern Innenministerin, um „alles anders zu machen“ als ihre Vorgänger.

„Anders machen“ heißt „ändern“ heißt Piratenpartei. Klarmachen zum Ändern!

Ilija Trojanow und Juli Zeh – Angriff auf die Freiheit

Irgendwie schäme ich mich fast ein bißchen, dass ich auf das am Montag erschienene Buch „Angriff auf die Freiheit – Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte“ von Ilija Trojanow und Juli Zeh erst heute durch den Beitrag von Björn Grau bei Spreeblick aufmerksam wurde, sollte es doch auf keinem Piratennachtschrank fehlen:

Niemals würden Sie es anderen Menschen erlauben, in Ihren privaten Sachen zu schnüffeln, Sie zu bespitzeln oder zu belauschen. Was aber, wenn diese anderen Menschen den Staat oder die Wirtschaft repräsentieren? Ist Ihnen die totale Überwachung dann egal? Die Warnungen vor Terror und Kriminalität und die Annehmlichkeiten von Plastikkarten und Freundschaften im Internet lenken von einer Gefahr ab, die uns allen droht: dem transparenten Menschen. Bevor es so weit kommt, schlagen Juli Zeh und Ilija Trojanow mit einer engagierten Kampfschrift Alarm. Ihr Buch wird viele Menschen aufrütteln, die sich zu lange in falscher Sicherheit wiegten – denn unsere Bürgerrechte stehen auf dem Spiel.

Laut Björn ist einem mit der Materie vertrauten Netzmenschen vieles schon bekannt, was in dem Buch beschrieben wird, aber es soll gute Argumentationshilfen bieten, Eltern, Nachbarn und Bekannten an das Thema heranzuführen. Das ist ja auch für den Piraten-Wahlkampf nicht uninteressant.

Mit den Autoren gibt es auch einen sehr interessanten Podcast des CCC unter dem Titel „Mut zur Freiheit – Ein Versuch den Zusammenhang von Angst, Freiheit, Gesellschaft und Solidarität zu verorten“ (Moderation: Tim Pritlove).

Hör- und Lesebefehl!

„Ich habe nichts zu verbergen heißt ja letztlich, ich brauche keine Privatsphäre.“ (Peter Schaar)

Interessante Diskussion bei BR-alpha (Titel der Sendung: „Der Trojaner ist schon da: Muss sich der Bürger vor dem Staat schützen?“) über die Überwachungsmaßnahmen des Staates mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar und zwei Zuschauern, die nach dem Motto leben „Wenn ich nichts zu verbergen habe, habe ich auch nichts zu befürchten“:

DirektSchaar

Hier ist die Sendung bis auf den Anfang fast vollständig zu sehen, wo natürlich die kritischen Stimmen überwiegen:

DirektDiskussion

Auch wenn ich einiges von mir im Internet preisgebe, so gibt es auch sehr viele Details in meinem Leben, die ich als Privatspäre betrachte. Und das muß auch so bleiben.

Via Dwarslöper.